Geschichte der SASSA – ein Blick zurück

Eröffnung erster Frauenschulen

Die Wurzeln der SASSA reichen zurück bis zur Gründung der ersten Schweizer Frauenschulen für Soziale Arbeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Diese Schulen entstanden im Zuge der Professionalisierung der Sozialarbeit, die in der Schweiz wie auch in anderen europäischen Ländern als Antwort auf die Herausforderungen der Industrialisierung und die «soziale Frage» entwickelt wurde.

Die ersten Kurse wurden 1907 in Zürich angeboten, doch die eigentlichen Frauenschulen für Sozialarbeit eröffneten erst später: 1918 in Luzern und Genf sowie 1920 in Zürich. Ziel dieser Schulen war es, Sozialarbeiterinnen auszubilden, die den Problemen von Armut und unzureichender Gesundheitsversorgung begegnen konnten. Dabei liessen sie sich von sozialen Bewegungen und Modellen aus Deutschland und Grossbritannien inspirieren, etwa der britischen Settlement-Bewegung.

Die Pionierinnen und Direktorinnen dieser Schulen waren Maria Croenlein (Sozial-caritative Frauenschule Luzern), Marie Walter (École d’Études Sociales pour Femmes Genf) und Marta von Meyenburg (Schule für Soziale Frauenarbeit Zürich). Sie setzten sich nicht nur für die Professionalisierung der Sozialen Arbeit ein, sondern auch dafür, Frauen den Zugang zu höherer Bildung und gesellschaftlicher Verantwortung zu ermöglichen.

Bild 1: Sozial-caritative Frauenschule Luzern
Bild 2: Maria Croenlein, Mitbegründerin und Schulleiterin der Sozial-caritativen Frauenschule Luzern
Bild 3: École d'Études Sociales pour Femmes, Rue de l’Athénée, Genf (1909)
Bild 4: Lehrerinnen und Schülerinnen vor der École d'Études Sociales pour Femmes Genf (1918)
Bild 5: Soziale Frauenschule Zürich, Talstrasse 18 (drittes Haus von rechts). Sitz der Zürcher Frauenzentrale von 1916 bis 1930. Die Soziale Frauenschule war in diesem Gebäude Untermieterin.
Bild 6: Marta von Meyenburg, Mitbegründerin und Schulleiterin der Sozialen Frauenschule Zürich
Bild 7: Zusammenkunft der Leiterinnen der schweizerischen sozialen Frauenschulen 1928
Bild 8: Erstes Schulleiterinnen-Treffen der Arbeitsgemeinschaft der Schweizerischen Sozialen Frauenschulen 1948 und Gründung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Schulen für Soziale Arbeit – SASSA
Bild 9: Konstituierung der SASSA in der heutigen Form, Februar 2005

Nationale Zusammenkunft

1928 trafen sich die Direktorinnen dieser Schulen, um die Gründung eines nationalen Verbands zu diskutieren. Sie erarbeiteten Richtlinien, um die Ausbildung in der Sozialarbeit zu fördern, den Austausch zwischen den Schulen zu stärken und internationale Kooperationen aufzubauen. Dennoch kam es zunächst nicht zu einem formellen Zusammenschluss.

Gründung der SASSA

Die Nachkriegszeit brachte eine Wiederbelebung der internationalen Beziehungen mit sich, begründet u.a. aus der Notwendigkeit, die europäischen Gesellschaften wieder aufzubauen sowie den wachsenden sozialen Herausforderungen zu begegnen. Die Soziale Arbeit gewann an Bedeutung durch die Einführung des aus den USA stammenden Social Casework, das von Mary Richmond begründet wurde. In dieser Zeit intensivierte sich auch die Diskussion über Sozialhilfe, Menschenrechte und die Bewältigung sozialer Probleme.

1948 wurde die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Schulen für Soziale Arbeit (SASSA) gegründet. Die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den Schulen erfolgte unter der Leitung einer zweiten Generation von Direktorinnen: Emma Keller in Luzern, Marie-Louise Cornaz in Genf und Margrit Schlatter in Zürich. Diese Direktorinnen beschlossen, sich dreimal jährlich zu treffen, um sich über die Herausforderungen in der Ausbildung und an ihren Schulen auszutauschen. Ein zentrales Ziel war die Harmonisierung der Ausbildungsprogramme der Mitgliedsschulen, um die Qualität der Lehre zu sichern und eine nationale Anerkennung anzustreben.

Neue Schulen, neue Konferenzen

In den 1960er Jahren wurden die Schulen für Sozialpädagogik gegründet, um dem wachsenden Bedarf an der Betreuung sozial benachteiligter Menschen und Menschen mit Behinderungen zu begegnen, insbesondere nach Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung. 1963 wurde die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Heimerzieherschulen (SAH) gegründet, deren Ziel die Koordination und Harmonisierung der Ausbildung von Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen auf nationaler Ebene war. 1962 wurde in Genf die erste Schule für Soziokulturelle Animation gegründet, gefolgt von ähnlichen Initiativen in der Deutschschweiz in den 1970er Jahren. Um diese Ausbildungen sprachregionenübergreifend zu koordinieren, wurde 1987 die Koordination der schweizerischen Schulen für sozio-kulturelle Animation (KOSSSA) gegründet.

Fusion der drei Konferenzen und Gründung der SPAS

Ende der 1990er Jahren zeichnete sich die Errichtung der Fachhochschulen (FH) in der Schweizer Bildungslandschaft ab. 1997 fusionierten die Konferenzen der Schulen für Soziale Arbeit, darunter die SASSA, die SAH und die KOSSSA, zu einer einzigen Konferenz, um mit einer geeinten Stimme zu sprechen und ihr Gewicht in den laufenden Reformprozessen zu stärken. Die Integration der höheren Fachschulen Soziale Arbeit in die Fachhochschulen ermöglichte die akademische Anerkennung der Ausbildung in diesem Bereich in der Schweiz, führte jedoch auch zu Spannungen innerhalb der SASSA. Einige Mitglieder lehnten die Überführung an eine Fachhochschule ab, da sie einen Verlust an Identität oder eine Entfremdung von der Berufspraxis befürchteten. Infolgedessen gründeten einige Schulen, die nicht beabsichtigten, Fachhochschulen zu werden, 1997 die Schweizerische Plattform der Ausbildungen im Sozialbereich (SPAS), einen Verband, der heute die Höheren Fachschulen (HF) umfasst.

Fachkonferenz Soziale Arbeit der FH Schweiz

Mit dem Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2004 wurde das 1992 in Kraft getretene Bundesgesetz über Finanzhilfen an die Höheren Fachschulen im Sozialbereich aufgehoben, das den Rahmen für die Bundessubventionierung dieser Schulen vorgegeben hatte. Während die SASSA zwischen 1997 und 2004 noch alle Schulen für Soziale Arbeit vereinte, umfasst sie seit 2005 nur noch die zehn Departemente und Hochschulen für Soziale Arbeit der sieben Fachhochschulen, eine Struktur, die bis heute Bestand hat.

Bildquellen

Bild 1: Soziale Arbeit bewegt, stützt, begleitet. P. Gabriel-Schärer; B. Schmocker, (Hrsg.) 2018, interact Verlag Luzern. S. 258. Bild heruntergeladen von: https://www.hslu.ch/de-ch/soziale-arbeit/ueber-uns/100jahre-sozialearbeit/medien/

Bild 2: Soziale Arbeit bewegt, stützt, begleitet. P. Gabriel-Schärer; B. Schmocker, (Hrsg.) 2018, interact Verlag Luzern. S. 256. Bild heruntergeladen von: https://www.hslu.ch/de-ch/soziale-arbeit/ueber-uns/100jahre-sozialearbeit/medien/

Bild 3: Bibliothèque de Genève / Atelier Boissonnas

Bild 4: Photographie tirée du livre Une école de son temps : un siècle de formation sociale à Genève (1918-2018), D. Cattin, 2019, Editions IES, p. 207 https://books.openedition.org/ies/4742#anchor-toc-1-2

Bild 5: Baugeschichtliches Archiv Zürich

Bild 6: Gosteli-Archiv, Worblaufen, Fotosammlung n.k. Marta von Meyenburg

Bilder 7, 8, 9: SASSA-Archiv, Sitzungsprotokolle von 1928 bis 2005. Sozialarchiv, Ar 645.

Literatur

Cattin, D. (2019). Une école de son temps. éditions ies.

Gabriel-Schärer, P., & Schmocker, B. (2018). Soziale Arbeit bewegt, stützt, begleitet. interact Hochschule Luzern Soziale Arbeit.

Grand, O., & Renevey, B. (2019). Réformes des formations professionnelles du domaine social : motivations, acteurs et controverses (1990 à 2005). Revue Suisse de Travail Social, 26.

Ramsauer, N. (2018). Geschichte der Sozialen Arbeit in der Schweiz. Eine Einführung für Studierende an Fachhochschulen Sozialer Arbeit.

Grand Olivier, 7. November 2024